Dienstag, 20. März 2012

Neuer Job - und das Leben macht wieder Spaß

Jetzt hat meine bessere Hälfte doch tatsächlich ihren Peinigern den gut bezahlten Job vor die Füsse geschmissen! .. und das kam so: im Oktober rief eine Freundin aus dem Ruhrgebiet an. Die ist mittlerweile Geschäftsführerin eines Bundesweit agierenden mittelständischen Unternehmens und fragte, ob meine Frau nicht jemanden emfehlen könne als Bezirksleiter für den norddeutschen Raum - es wurde ein längeres Gespräch und man wurde sich schnell einig.

Der Wechsel war offenbar genau die richtige Entscheidung. Sie hat wieder Spaß am Leben und am Sport. Ziel ist weiterhin Triathlon, Marathon und möglichst alles gleichzeitig. Eigentlich hat sie weniger Zeit als im alten Job - man sieht es ja an den fehlenden Einträgen in ihrem Blog, aber sie trainiert mit noch mehr Ehrgeiz als sonst.

Hab' ich übrigens schon erzählt, daß wir nicht nur ihr tolles französisches Fahrrad nach nur 2 maliger Nutzung wieder verkauft haben (ihr Trainer nannte es LKW) - ich mußte zwei neue Halterungen an der Kellerwand anbauen für zwei Wahnsinns-Räder aus Carbon und anderen Hightech-Materialien. Na gut - wenns ihr doch solchen Spaß macht.

Manchmal habe ich schon den Verdacht, daß ich zum alleinigen Supporter mutiere ... oder bilde ich mir das ein ?

.

Mittwoch, 6. April 2011

Der JoJo-Effekt

Seit Monaten geht das nun schon so: 4 Kilo rauf, 4 Kilo runter, 4 Kilo rauf, 4 Kilo runter…

Wir haben jetzt April 2011 und ich trage immer noch das gleiche Gewicht mit mir rum, wie vor einem halben Jahr. Mein Trainer dreht regelmäßig durch und stellt mir die unsensibelste Frage, die man einem Adiposito nur stellen kann: "Warum machst Du das?"  "Na, keine Ahnung", antworte ich nur - und jetzt kommen wir zu den Ursachen:

Mein Arbeitgeber befindet sich in Fusion. Seit Januar gibt’s bereits reale Fusionsprojekte und jeder Straßenköter in diesem Laden versucht seine Pissmarken zu setzen und sich möglichst einflussreich zu positionieren - zum Wohle der Firma natürlich - und natürlich auf Kosten anderer, z.B. auf Kosten meiner Nerven!

Seit Oktober 2010 redet mein Chef nicht mehr mit mir und mit den 12 anderen Kollegen/Innen auf gleicher Hierarchieebene auch nicht. Uns Allen geht es richtig mies. Systematisch kalt gestellt und mit minimierten Befugnissen bin ich von heut auf morgen mit meinem Potential nicht mehr gefragt. Und das mir, die 30 Jahre lang nichts wichtigeres kannte als ihren Job. Von meinen 20 Hochzeitstagen habe ich höchstens 5 mit meinem Mann zusammen verbracht, weil ja der Job so wichtig war. Ich bin ja sowas von blöd !!!

Diese Situation kann ich nicht gut ertragen. Ich schlafe schlecht, mache mir Sorgen und bin richtig unglücklich. Und was macht ein Adiposito wenn er unglücklich ist? Er frisst und säuft. Tja mein Trainer, ich weiß, davon wird es auch nicht besser, aber ich bin nun mal so konditioniert.

Nur mal so ein kleines Beispiel: ich habe eine von diesen entsetzlichen Sitzungen in Düsseldorf bei meinem neuen Vorgesetzten (ein 54 jähriger pubertierender Waschlappen). Wohl gemerkt: 4:00 aufgestanden, 5:00 in Hamburg losgefahren, um 10:30 in Düsseldorf, Sitzung bis um 17:00 und anschließend nach Hause fahren. 21:30 = Home, sweet Home! Den ganzen Tag über praktisch nur gesessen. Und völlig frustriert. Anstatt nach der Sizung einfach eine Runde laufen zu gehen... Nee - fehlt mir dann völlig der Antrieb. So viel Abstand habe ich einfach nicht zu meinem Job. Solche Erlebnisse werfen mich völlig aus der Bahn.

Dabei bereite ich solche Tage strategisch immer gut vor, wenn es irgend geht. Morgens einen Quark zubereitet, Obst eingepackt (sogar 2 Apfelsinen geschält und eingetuppert). Na ja, ok, das Obst habe ich als "Hasenobst" wieder mit nach Hause gebracht. Sowas putzt mein Mann dann am nächsten Tag weg.

Vor der Heimreise noch kurz tanken und auf der Tankstelle erst einmal Süßigkeiten einkaufen! Impulsware - im Kassenbereich reagiert der Kunde immer besonders impulsiv. Katzenpfötchen, Gummibärchen, Mars und Bounty, 1 Cola, 1 Liter Altbier für zu Hause und Kekse. Nachdem ich das Altbier im Kofferraum verstaut und meine Kalorien-Beute auf dem Beifahrersitz abgelegt habe, drücke ich die Homing-Taste - und: esse während der ganzen Fahrt nichts, aber auch gar nichts von diesem Schrott, weil mich mein schlechtes Gewissen quält. Das allerdings spurlos verschwindet, als ich mit einem Mörderhunger bei Mac Donalds Station mache und mir einen Hamburger Royal TS mit Cola, Pommes und Mayo (die große Portion natürlich) und danach noch einen Mac Fisch obendrauf reinziehe. Fast wie Sex, nur leider noch schneller zu Ende! Und immer still schimpfend auf diesen unerträglichen Menschen, der jetzt mein Chef ist. Erklärungsansatz: hat mein Vater doch selbst Schuld wenn ich kalte Finger habe. Warum kauft er mir keine Handschuhe!

Frisch gestärkt fahre ich weiter und am nächsten Rastplatz halte ich zur Strafe gleich noch mal an und kaufe ein Eis – legger, so als Genussmensch! Na ja, und auf dem langen Weg nach Hause mache ich mich dann successive doch über das Dreckszeugs auf dem Beifahrersitz her - bis mir schlecht wird. Zu Hause angekommen, teile ich das Altbier noch mit meinem Mann und - obwohl schon völlig überfressen - falle ich noch über eine Dose Würstchen her, die ich noch im Kühlschrank entdecke. Schlanke Menschen haben für solche Excesse natürlich kein Verständnis, mit ihrer Scheiß Disziplin. Von meinen Whiskys an diesem Abend erzähl ich lieber gar nichts erst...

Woody Allen hat in den 70iger Jahren in seinem Film "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten" eine interessante eigene Theorie vorgestellt, die erklärt wie es zu solchen Excessen kommt. In besagtem Film gibt es eine Szene, die aus Sicht eines jungen Mannes ein Date mit einer schönen Frau zeigt. Gezeigt wird das Innere seines Gehirns mit weiss gekittelten Männern, die ihre Checklisten abhaken und hunderte  Kontrollampen, die leuchten und flackern, wenn er gerade viele Reize empfängt. So ungefähr geht es mir beim Essen. Hunderte Lampen gehen dann in meinem Gehirn an, flackern und leuchten und zeigen die Reizüberflutung mit Essensinformationen - wer will da schon, dass das aufhört?


Tja, solche Anfälle habe ich in letzter Zeit öfters. Kein Wunder, dass ich nicht abnehme. Sag ich doch. Da brauch ich auch keine Monologe von meinem Trainer. Bloß wie krieg ich jetzt wieder die Kurve?

Mein Coach (ich hab ihn ja echt gern) hat das Talent, gerade dann anzurufen, wenn ich gerade am Essen bin oder gerade mein Bier bestellt habe. Zum kotzen! letzte Woche zum Bleistift. Es ist Mittwochabend 21:45 Uhr. Ich habe gerade meinen ersten Bissen vom Abendessen im Mund: "Was isst Du da? Es ist 22:00 Uhr. Da isst man nichts mehr!" höre ich ihn übers Telefon blaffen. Die Frage, was ich essen würde, habe ich vorsichtshalber gar nicht erst beantwortet. Ungelogen: eine halbe Stunde Referat musste ich über mich ergehen lassen. Mein Argument, dass ich ja erst um 21:30 Uhr vom Sport komme (nach 2 Stunden Hardcore-Cycling), lässt er nicht gelten. Ich solle vorher essen (so’n quatsch; wer macht denn so was?).

Aber das allerbeste was er vom Stapel lässt ist: "Man isst nicht wenn man Hunger hat, man isst wenn es dran ist".

Genau so hab ich mir das vorgestellt. Deshalb hat mein Coach auch kein Verständnis dafür, dass ich manchmal erst um 16:00 das erste mal am Tag etwas esse. Herr Trainer geht ja nie ohne Frühstück aus dem Haus. Der ist sogar so durchgeknallt, dass er vor einem Wettkampf um 4:00 morgens im Hotelzimmer kalte Nudeln mit Ketchup isst. Was für ein Leben - und ich kenne solche Leute und rede auch noch mit ihnen!

Entrüstet  sage ich mein Training für den nächsten Tag stand de pede ab. Ich simse noch gleich hinterher, dass ich keine Lust habe mit ihm zu Laufen - keine Lust, mir schon wieder Vorträge anzuhören und Nackenschläge einzustecken. Soll er doch alleine laufen, die Gräte.

Aber eines ist mir nach eineinhalb Jahren Training mit Daniel ganz klar: Er wird nie einen dicken Menschen je verstehen. Natürlich hat er Recht - sag ich ja gar nichts gegen. Aber Recht haben ist ja wohl nicht alles, oder?

Tatsache ist auch, dass er bei mir mal wieder einen wunden Punkt getroffen hat. Er hat es zumindest geschafft, mich aus meinem Selbstmitleid zu reißen – der Sack. Ich bin wieder am Ball. Ich werde doch wohl diese letzten lächerlichen 17 Kilo noch abnehmen können!

Schaun 'mer mal …
.

Dienstag, 5. April 2011

Nach dem Marathon ist vor dem Marathon

Leider hielt mein Grinsezustand nur 3 Tage an. Dann setzt  mir mein Job dermaßen zu, dass nichts mehr bleibt von der schönen Euphorie. Ohne Kollegen und ohne Chef wäre das Leben sowas von entspannt ..

Drei Wochen nach meinem erfolgreichen Marathon trete ich zum letzten Wettkampf der Winterlaufserie an - mit konkreten Zeitvorgaben vom Trainer natürlich. Ich soll die 10 km in 1:10 laufen. Ich sage zu, weil ich weiß: mein Coach hat sie manchmal nicht mehr alle beisammen. Ich kann unmöglich ohne Support 10 km in 1:10 laufen! Wann begreift er das mal.

Der Coach selbst weilt zu diesem Zeitpunkt auf Sylt und tut sich diesen verrückten 33,33 km-Lauf an. Also muß ich zu nachtschlafender Zeit allein los (aber nicht ohne Frühstück). Bin echt gespannt, was das wohl wird ..

Was soll ich sagen - persönliche Bestzeit! 10,2 km in 1:12. Die 10 km schaffe  ich also in 1:11. Bin nur gerannt. Hab mich an die Fersen anderer Läufer geheftet und sie Stück für Stück abgearbeitet - die Luschen. Schade, dass die meisten nur 5 km laufen. In der 2. Runde habe ich deshalb lange Leerlauf bis das nächste Opfer vor mir auftaucht. Man, was bin ich stolz. Ich bin überzeugt, mein Trainer auch. Auf jeden Fall wird er die Zeiten im Internet kontrollieren .. (wehe, wenn nicht!)

Hab' ich das schon erwähnt? Heute ist wieder ein 10 km-Lauf - und ich hab' nur 1:12 gebraucht. Wahrscheinlich wegen des Dauer-Regens schlug allerdings wieder dieser Anfängerfehler durch: Vom Start weg in der Masse mitlaufen und natürlich viel zu schnell. Aber ich mache mir jetzt wieder mehr Sorgen darüber, was wohl die Leute denken, wenn ich als Schlußlicht ins Ziel trotte. Tja, so ist das bei den Mädchen ..

Auf dem Nachhauseweg simmse ich meinem Trainer, dass ich momentan richtig glücklich bin die nächsten Monate keine langen Läufe mehr machen zu müssen. Scheiß Thema. Hätt ich bloß nix gesagt. Natürlich sieht der Coach das mal wieder ganz anders. Ich hasse ihn!
.

Montag, 4. April 2011

Mein erster erfolgreicher Marathon

.. Ende November - Tempotraining mit Daniel, dem Einpeitscher: Morgens um 6:30 Uhr in völliger Dunkelheit und Arscheskälte. Aus der Hüfte geschossen fragt er mich, wie es denn nun endlich mit einem netten kleinen Marathon wäre. Ich presse gequält hervor (während des Tempotrainings immerhin!), dass der Hamburg Marathon erst im Mai anstünde. Da rückt er damit heraus, dass Hamburg für mich noch nicht in Frage käme. Ich solle erst einmal woanders laufen und er hätte da schon mal was vorbereitet (is ja wie im Maggi Kochstudio).

Es stehen drei Marathons zur Auswahl: Ende Februar in Kiel, Anfang Mai in Hannover oder Ende Mai in Stockholm. Ich habe die freie Auswahl. Na gut, nuschele ich gequält, Hannover geht nicht, da sind zu viele Kollegen und Stockholm geht auch nicht, da verstehe ich die Sprache nicht. Bleibt also nur Kiel. Aber das sind ja nur noch 3 Monate !!!!

Vermutlich um mich zu beruhigen, verspricht Daniel, den Marathon mit mir zusammen zu laufen. Na, das ist doch was - aber kann er überhaupt 7 Stunden am Stück durchgehend laufen? Normalerweise ist er doch immer nach 2 einhalb Stunden fertig ...

Also ab in die Trainingsvorbereitung! Mindestens 2 lange Läufe im Monat, 60 km pro Woche - ist ja bald vorbei, Mädel. Ich wollte doch nur einmal im Leben einen Marathon laufen und dann bin ich diesen Quälgeist wieder los (dachte ich). Ich weiß noch, wie ich Heiligabend durch ein sibirisches Schneegestöber 25 km gelaufen bin. Während andere festlich gekleidet in ihren Autos sitzen und zu Stollen und Gänsebraten fahren, kämpfe ich mich durch Hamburgs winterliche Schneelandschaft. Würde zu gerne wissen, vor was die Kenianer so erfolgreich weglaufen. Gibt es in Kenia eigentlich Schnee?

Mehrmals habe ich mit meinem Trainer exessiven Lauf-Vorbereitungs-Streit. Insbesondere über die Zielzeit. Ich alpträume natürlich wieder davon, dass bereits abgebaut wird, wenn ich im Ziel ankomme. Mein Trainer rastet bei solchen Gedanken neuerdings richtig aus. Nun habe er extra einen Marathon herausgesucht, bei dem es keine zeitlichen Limits gibt und ich rede schon wieder davon, was ich es nicht schaffe. Er hat es aber auch manchmal schwer mit mir. Immerhin nehme ich mir vor, die Leistungsdiagnostik diesmal nicht anzuzweifeln.

Eine Woche vor dem Start nochmal zu Heiko, dem Leistungsdiagnostiker. Er hängt mich an Schläuche und Messgedöhns und berechnet den Marathonpuls. Was es heut' nicht alles gibt! Sportmediziner mit gerätegestützter Kaffeesatzleserei - Wahnsinn! Er gibt mir einen Zettel für Daniel mit, auf dem er weissagt, ich könnte den Marathon zwischen 5:05 h und 5:12 h laufen. Der hat doch wohl den Schuss nicht gehört! Um mir Vorträge zum Thema 'Blut lügt nicht' zu ersparen, kommentiere ich das nicht weiter. Was ist bloß aus mir geworden. Vom militanten Basis-Demokraten zum Mitläufer. Politisch ein absolutes NoGo - sportlich aber weniger anstrengend.

Wenigstens bin ich diesmal nicht krank. Nicht mal Durchfall - niente, nada! Körperlich bin ich anscheinend schon gestählt. Neuerdings mache ich zusätzlich noch Mentaltraining. Das darf man eigentlich niemandem erzählen. Fragen Sie mich nicht, wie das funktioniert - Scheint aber auch zu helfen. Jedenfalls laufe ich jetzt noch besser neben meinem Trainer her als früher. Und ich bleibe auch nicht mehr so oft stehen und schimpfe: wozu das alles? ich hör auf mit dem Scheiß! ich kann das nicht!... kommt nicht mehr über meine Lippen.

Zwei Tage vor dem Start ruft mich der Trainer an und eröffnet mir, dass er leider für diesen Lauf ausfällt. Er sei gerade bein Laufen 'umgeknickt'. Na auf sowas falle ich doch nicht rein! Ich gebe ihm zu verstehen, egal was passiert, ich laufe diesen Marathon, mit oder ohne ihn. Manchmal habe ich aber auch eine große Klappe!

Am Abend vor dem Marathon werde ich höchstdarselbst angewiesen, morgens um 7:00 Uhr pünktlich Nudeln mit Ketchup zu essen. Ich bin dann tatsächlich noch einmal losgefahren, um Ketchup einzukaufen. Wie eklig!

Gut geschlafen (ich gönnte mir abends noch 2 Weizenbier) und aufgeregt wie ein Teenie vorm ersten Date, starte ich am Samstagmorgen Richtung Kiel. Selbstverständlich kann ich zu dieser Zeit noch keine Nudeln runterwürgen. Immerhin schaffen es dann 2 Toasts mit Honig bis in den Magen. Das muss langen. Daniel ist pünktlich und holt mich ab. Auf der Fahrt nach Kiel wird mir immer mullmiger. Ich versuche die Atempausen von meinem Trainer, der ununterbrochen redet, zu nutzen, um etwas zu entspannen. Wer ist hier eigentlich aufgeregter? Wenn das doch bloß alles erst einmal vorbei ist! Daniel rechnet mit einer Zielzeit von 5:17 - Träumer!

Das Wetter meint es gut mit mir - obwohl der Kachelmann immer noch fehlt. 2°C - es ist tronnig und Socken. Gut für Daniel. Kann er wieder seine gelbe Läufer-Sonnenbrille aufsetzen. Ist das cool, man. Nicht dass Sie denken Sportler geben mal so eben 250 Euronen für nix aus. Das muss dann schon eine ganz besondere Rennbrille sein - die Rolex unter den Läufer-Brillen!

Insgesamt 204 Läufer gehen an den Start. Vor uns sind die 10 km-Läufer bereits unterwegs. Eine Stunde nach uns kommen die Halbmarathonis. Es ist ein 10 Kilometer Rundkurs, der immer am Ufer entlang gelaufen wird. Das bedeutet, dass ich insgesamt 8 mal an meinem Auto vorbei muss. Wäre ich alleine gewesen, ich möchte wetten nach dem 4ten Mal spätestens hätte ich mich ins Auto gesetzt und die Homing-Taste gedrückt! Sie sehen schon: falscher Konjunktiv - ich war nicht alleine!

Daniel ist ja sowas von gut! So umgänglich erlebe ich meinen Trainer selten. Von Anfang an die pure Zufriedenheit. Ein Wunder! Und witzig ist er. Einer der Marathonies hat sich die Wangen getaped. Ja wirklich! Dieses blaues Tape-Pflaster rund geschnitten und auf die Wangen geklebt. Ich frage den Profi neben mir, wozu das wohl gut sei? Seine verschmitzte Antwort: "unterstützt das kontinuierliche Gewinner-Grinsen" und dass man das bei mir auch ruhig probieren sollte. Ich schlage fast der Länge nach lang hin. Aber heute ist nichts von schlechter Laune bei mir zu spüren - alles easy!

Daniel ermöglicht mir während der ersten 3 Runden nach der Wende jeweils in seinem Windschatten zu laufen. Der Wind hat nämlich mächtig aufgefrischt. Mit Heiko konnte ich beim Radfahren bereits die Zirkelei mit dem Windschattenfahren üben. Das läuft sich prima so. Daniel schlägt ein moderates Tempo an und ich bleibe ihm immer dicht auf seinen Fersen. In der letzten Runde allerdings kann ich (oder will ich?) das Tempo nicht mehr halten. Ich lege einige Gehpausen ein. Nicht wegen meinem Puls. Irgenwas in meinem Kopf. Es war nicht nötig - ich weiß! Beim nächsten mal wird das kontinuierlicher! (Ich wollte nur einmal einen Marathon laufen und rede jetzt schon vom nächsten! Ich bin echt nicht mehr zu retten.)

Bei Kilometer 28 dann ein echter Einbruch. Leise vor mich hin schimpfend, bin ich kurz davor aufzugeben: "Wozu das alles, ich bin zu alt, ich bin zu dick, ich kann das nicht…". Daniel gallopiert leichtfüßig schon 30 Meter vor mir. Später erzählt er mir, dass er im schlimmsten Fall nicht gewusst hätte, wie er mich da wieder raus kriegt. Aber dank meines Mentaltrainings finde ich aus diesem Loch allein wieder raus. Mein Mentaltrainer orakelte vor dem Lauf, dass ich meinen Einbruch höchstwarscheinlich bei Kilometer 19 haben werde. Ich sollte mir mit geschlossenen Augen vorstellen, dass dort eine Bar sei, mit vielen vergnügten Menschen, die Spaß haben, leckeres Weizenbier trinken etc. Nun laufe ich zwischen Kilometer 28 und 29 auf der Strandpromenade von Kiel und komme doch tatsächlich an der Seabar vorbei - allerdings hat sie die Hausnummer 61. Während ich vor mich hin trotte, überlege ich, das die 61 auf den Kopf gestellt, eine 19 ergibt.
 Tja - man darf es eigentlich niemandem ernsthaft erzählen, aber das hat gewirkt. Fragen Sie nicht wie, warum und wieso, aber es hat gewirkt. Mentaltraining! Ooohhhm .. Völlig verrückt!

Und was hat mich mein Trainer supported. Alle halbe Stunde pünktlich ein schmackhaftes Gel, an jedem Versorgungsstand darf ich weiterlaufen und mein Supporter schleppt Getränke an. Das ist richtig klasse. Ich muss mich um nichts kümmern. Wenn da nur nicht immer dieses ziehende Gefühl wäre, wenn ich wieder an einem Versogungsstand vorbeilaufe. Daniel ist nämlich immer erst einmal selbst mit Essen beschäftigt. Es gibt zwei Versorgungsstationen auf der Strecke und bei jeder hält mein Trainer, um sich mit Kuchen, Müslieriegeln und Schokolade vollzustopfen. Unglaublich, was der Kerl alles in sich hineinstopft. Mit Händen voller Beute erreicht er mich schnell wieder - und ich kriege keinen Bissen runter. Einmal fragt er, ob ich von seiner Schokolade auch mal abbeißen wolle - fast hätte ich mich übergeben. So ein Fressack!.. und kein Gramm zu viel auf den Rippen. Die Welt ist ja so ungerecht!

Auf sein Spielchen, den Läufer vor uns noch einzuholen, habe ich mich natürlich nicht eingelassen. Das war auch nicht abgemacht. Ich wollte nur einmal den Marathon laufen und gut is!

An dieser Stelle sei einmal lobend und anerkennend erwähnt, mit welchem Engagement die ehrenamtlichen Helfer uns versorgen. Keiner baut irgendwas ab, bevor nicht auch der letzte Läufer (also ich) durchgelaufen ist. Danke - Ihre ward alle klasse!

Glücklich und zufrieden bin ich nach  5:49  unter Beifall der Helfer ins Ziel eingelaufen. Ist das ein gutes Gefühl ! Vor dem Weißbier trinke ich erstmal einen halben Liter Wasser. Ich schmecke nur noch Süßes. Ab Kilometer 30 ernähre ich mich nämlich nur noch von Cola. Brrrrrr !

Daniel holt das Auto. Ich ziehe mir trockene Sachen an und auf der Rückfahrt wird nicht viel geredet. Selbst Daniel ist ruhig. Obwohl ich gleich wieder in Farbe sehen kann, wird er morgen die Treppen rückwärts runtergehen gehen, wie ich!

Ich bin stolz! Mein Trainer ist stolz! Ist das schön. Und deshalb habe ich mich auch gleich für den Berlin-Marathon am 25. September angemeldet. Mein Trainer redet gleich von neuen Zielzeiten. Auf 'n Teppich bleiben, Mann!
.

Samstag, 15. Januar 2011

City-BKK-Lauf 2010

Nur damit Sie mal wissen, wie mein Trainer so tickt: In meiner letzten Trainingsstunde vor meinen Jahresurlaub fragt er mich, was ich denn am Sonntag so vor hätte. Nun, da sitze ich nachmittags schon im Autoreisezug nach Lörrach und mache Urlaub! Sehr gut, sagt er, dann können wir ja vormittags noch eben den City-BKK-Lauf zusammen machen - lächerliche 10 km. Rüdiger kommt auch mit. Meine Entgegnung, ich sei da doch mental bereits im  Urlaub, wird barsch abgetan: 'Ach was, dein Autoreisezug geht erst am Abend!' Was soll man dazu noch sagen? Rein faktisch hat er natürlich Recht - der Sack!

Bei diesem Wettkampf habe ich mich das erste Mal vorher richtig eingelaufen. Genau wie die Profis (naja, fast wie die Profis). Ich arme, alte, dicke Frau laufe mit diesen 2 jungen Burschen im Stadtpark auf und ab, mache kurze Sprints (na, ja, Sprints dann doch eher nicht, weil kurze Sprints finde ich einfach zu albern und unnötig anstrengend) und anschließend dehne ich nach allen Regeln der Kunst. Oh Gott - wie tief bin ich gesunken ...

Am Start stelle ich mich hinten an. Zwei Runden sind angesagt. Niemals würde ich auch nur ansatzweise in Erwägung ziehen es bei einer Runde zu belassen und mich den selbst bezahlten Anordnungen meines Lieblingstrainers widersetzen. Nein, nein. Wer weiß, wie viele Stunden ich dafür Nachsitzen müsste.

Wollen Sie es ehrlich haben? Am Start beschließe ich: Eine Runde, und dann ist gut.

Mit dem Startschuss trabe ich brav los, bin verhältnismäßig schnell, reduziere das Tempo und laufe genau nach Trainervorgabe. Ab Kilometer 3 gebe ich etwas mehr Hackengas. Ich überhole sogar 5 Laufluschen.

Bei Kilometer 5 laufe ich das erste mal am Ziel vorbei. An den Rufen der Zuschauer meine ich zu bemerken, dass man darüber erstaunt ist, daß die dicke, alte Frau eine weitere Runde laufen will. Das gibt Motivation, jetzt noch etwas mehr Gas! Von meinem Trainer ist noch nichts zu sehen, obwohl er großkotzig angekündigt hat, mich mehrfach überholen zu wollen. Poah.

Bei Kilometer 6 bin ich dann doch fällig. Daniel kommt leichtfüßig dahergelaufen und glaubt mit dem Satz zu punkten: 'Du bist schnell, dann können wir bestimmt auch noch schneller'. Ich könnte kotzen. Kriegt der Kerl eigentlich den Hals nie voll? Noch nie sind wir zusammen so schnell gelaufen! Erst jetzt dämmert mir, was Wettkampftempo wirklich heißt: immer noch eines drauflegen und am Schluss noch einen Sprint. Ich bin fix und fertig.

Im Ziel sind diesmal tatsächlich noch Zuschauer - 'hey was macht Ihr denn noch hier? Gibts nicht schon irgendwo 'ne nette kleine Siegerehrung?' Sie jubeln und klatschen und feuern mich an, Wahnsinn! Das nehme ich allerdings wie durch Watte hindurch wahr. Ich registriere nämlich unterbewusst, dass beim Zieleinlauf der Zeitmesser nicht gepiept hat ...

Der Streckenposten schickt mich zurück - ich möge mit mein Armband erneut über den Zeitmesser... Ja was ist das denn für ein Mist? Ich bin froh, dass ich diesen Höllenspurt ohne Infarkt überlebt habe und zur Belohnung darf ich noch mal zurücklaufen? Ich möchte hier nur daran erinnern, dass es bei Spitzensportlern um Zehntel Sekunden geht und meine Zeit wird gar nicht erst erfasst ? Wie soll ich denn da im internationalen Vergleich bestehen ?

Klar hab ich geschimpft wie ein Rohrspatz. Ist ja wohl auch eine Zumutung! Und dann mischt sich auch noch  mein Trainer ein. Na, der hat mir gerade noch gefehlt. 'Die machen das hier alle ehrenamtlich, die geben hier alle ihr Bestes, die kann man nicht so behandeln, sei mal ein bisschen netter, Du bist gut gelaufen' blah, fasel, laber... Immerhin hat er mir ein bleifreies Erdinger spendiert. Ja, mein Trainer!

Und nach dem Rennen setzte er noch einen tiefenpsychologischen oben drauf: Ob ich Angst vor Streckenposten im Allgemeinen hätte? Bei jedem Streckenposten, an dem ich vorbeilaufe, würde ich langsamer werden. Nein, er hat sich anders ausgedrückt: Du läufst in geradezu devoter Haltung an den Streckenposten vorbei. Ja, warum eigentlich?
.